Diese so oft beseufzte Parität: Biberach 1649-1825: Politik – Konfession – Alltag
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Biberach an der Riß Konfession Reichsstadt Parität Verfassungsstreitigkeit KonfessionalitätÜber dieses Buch
Mit dem Westfälischen Frieden trat die Reichsstadt Biberach, um deren Religion lange gerungen worden war, in ein neues Stadium ihrer Konfessionalisierung. Die Parität zeitigte konträre Sichtweisen, war sie doch für die Protestanten Hort des Friedens und der Gewissensfreiheit, für die Katholiken Inbegriff ihres verlorenen Kampfes um politische Vormacht und religiöse Homogenität – eines Kampfes, der zuletzt mit allen Mitteln, auch dem der Hexenverfolgung, geführt wurde. Die Stadt als Ganzes war sich ihrer Sonderrolle jederzeit bewußt, ebenso die Konfessionen, die ihre Identitäten innerhalb sich verfestigender Bezugsrahmen wie Pfarrgemeinden und Schulen in einem Prozess gegenseitiger Abgrenzung ausbildeten, in dem Tabus wie Konversionen und Mischehen essenziell waren. Die Studie, deren Rückgrat die Verfassungskämpfe seit 1649 sind, zeigt, dass kaum ein Lebensbereich von konfessioneller Durchdringung verschont blieb, wenngleich es unvermutete politische Koalitionen, überraschende Interaktionen im Alltagsleben sowie eine elitäre Gegenbewegung in der Spätaufklärung gab. „Diese so oft beseufzte Parität“, ein Diktum des Biberacher Zeitzeugen und Aufklärers Christoph Martin Wieland, endete 1825 mit ihrer Aufhebung durch das Königreich Württemberg, das politische Parallelgemeinden nicht länger duldete.